Schildpattergänzungen
Während der nun annähernd 300 Jahren andauernden Existenz des Schrankes, kam es zu Verlusten von Schildpattpartien. Wie bereits erwähnt wurde in zwei vergangenen Bearbeitungsphasen das verlorene Schildpatt durch Lackkittungen bzw. Ergänzungen aus Horn ersetzt. Beide Materialien weichen mit zunehmender Alterung allerdings stark vom zu imitierenden Material ab. Darüberhinaus waren die Kittungen sehr großzügig, sprich raumgreifend ausgeführt und überlagerten so originale Schildpattpartien. Somit stand fest, dass die früheren Ergänzungen entfernt werden sollten.
Nun musste aber ein geeignetes Ersatzmaterial gefunden werden. Kittungen im herkömmlichen Sinn und Horn vielen aus genannten Gründen aus. Ergänzungen mit echtem Schildpatt gestalten sich als nahezu unmöglich, da wegen des Artenschutzabkommen zwar vom Zoll konfiszierte Kontingente bezogen werden können, jedoch nur als Dauerleihgabe. Das, vor allem in den 80er/90er Jahren verwendete, Ersatzmaterial Rodoit (Celluloseacetat) ist in wegen dem Niedergang der Filmindustrie in Kleinmengen nicht mehr zu beziehen. Zusätzlich müsste hier mit Farbveränderungen in der Zukunft gerechnet werden. Es galt also neue Wege zu gehen.
Die Wahl fiel schließlich auf Hartwachs. Dieses kann substanzschonend jede noch so ausgefranste Fehlstelle schließen, ohne dominante Ränder und Konturen zu hinterlassen. Die Färbung des Schildpatts lässt sich bis hin zu kleinsten Schattierungen imitieren. Im Vergleich zu Lackkitten bleibt das Hartwachs elastisch. Es ist chemisch inert, d. h. es reagiert nicht mit anderen Materialien unter Freisetzung von Schadsubstanzen. Und zu guter Letzt ermöglicht es die Wiederbehandelbarkeit bei zukünftigen Maßnahmen und kann wieder ausgeschmolzen werden, ist von daher sogar als reversibel zu bezeichnen.